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Stolz und Sasek in den Mühlen der Justiz

Auftritt der Holocaust-Leugnerin Sylvia Stolz führt zu Strafverfahren.

Der Berner Anwalt Daniel Kettiger hat Anzeige wegen Widerhandlung gegen die Rassismus-Strafnorm bei der Staatsanwaltschaft Graubünden eingereicht. Rechtsanwalt Kettiger richtet seine Strafanzeige sowohl gegen die Rednerin Sylvia Stolz wie auch gegen Ivo Sasek, Organisator der Konferenz der Anti-Zensur-Koalition (AZK). Dies, weil Sasek die Referentin im Wissen um ihre "gerichtsnotorische" Tätigkeit im November in die Churer Stadthalle eingeladen und "als verantwortlicher Moderator" es unterlassen habe, "Frau Stolz das Wort zu entziehen", als diese über längere Dauer "offensichtlich Leugnung des Holocaust" betrieben habe.

"Mut eines Löwen"
Dies überrascht nicht: Sasek hatte die bekannte Nationalsozialistin und vorbestrafte Holocaust-Leugnerin als Frau mit dem "Mut eines Löwen" angekündigt (Ausgabe vom Montag). Nach den verschiedenen Medienberichten der vergangenen Tage sieht sich Sasek - wie er auf der AZK-Site vermeldet - als Opfer einer "Medienschlacht".

Stolz verneint Offensichtliches
In seiner Anzeige an die Staatsanwaltschaft Graubünden verweist Kettiger auf eine Vortragspassage, in der Stolz behauptet, der Holocaust sei noch nie vor Gericht bewiesen worden. Sie bestreitet damit die "Offenkundigkeit" des Völkermordes an den Jüdinnen und Juden, von der Historiker wie Gerichte ausgehen. Bereits Mitte der Neunzigerjahre, kurz nach Inkrafttreten der Rassismus-Strafnorm, befand auch das Schweizer Bundesgericht: "Die Forderung nach einem einzigen Beweis für die Existenz von Gaskammern ist angesichts des vorhandenen Beweismaterials absurd." Es hatte damals die Hoffnungen der Schweizer Holocaust-Leugner auf Schauprozesse zur Darlegung ihrer Hirngespinste zerschlagen.

Stolz verneint jedoch nicht nur Offensichtliches, sondern behauptet dann weiter, für den Holocaust würden "die Feststellungen über die Tatorte, Tötungsmethoden, Anzahl der Toten, Tatzeiträume, Täter, Leichen oder Spuren eines Mordes" fehlen, ebenso über "Zeugenaussagen, Dokumente oder sonstige Beweismittel". Und es gäbe auch keine Beweise für eine nationalsozialistische "Absicht, die Judenheit ganz oder teilweise zu zerstören", wie auch für "Beweise, Pläne und Befehle".

Mehrmals Anzeigen eingereicht
Die Rassismus-Strafnorm ist zwar ein Offizialdelikt, doch auch bei offensichtlichem Verdacht einer Widerhandlung reagieren die Strafverfolgungsbehörden meist erst auf Anstoss von aussen. Anwalt Kettiger hat in den vergangenen Jahren bereits mehrmals nach Medienberichten über rassistische Vorfälle Anzeigen bei der zuständigen Staatsanwaltschaft eingereicht, beispielsweise gegen den Vorstand der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos). Nicht alle seine Anzeigen führten auch zu Verurteilungen.

Hans Stutz
Südostschweiz, 18. Januar 2013
Alle Rechte beim Verfasser.