Klagen gegen «Mainstream-Medien und Linke»
Zuerst wundert man sich: Ruft da wirklich ein Journalist eine Bundesratspartei dazu auf, Medienschaffenden die Arbeit zu erschweren? Meint dieser allen Ernstes, dass sich eine finanzkräftige Partei eine unkritische Berichterstattung gerichtlich erstreiten soll? Genauso ist es! Hubert Mooser, einst ein anerkannter Recherche-Journalist, nun «Weltwoche»-Schreiber, rät der SVP, sie solle sich «schleunigst überlegen», ob «es nicht langsam an der Zeit» wäre, «mit Verleumdungsklagen» gegen jene «Mainstream-Medien und Linke» zu klagen, welche die Partei «in die rechtsextreme Schmuddelecke abzudrängen versuchen».
Abzudrängen? Bewegen sich SVP-Männer nicht bereits seit zwei/drei Jahrzehnten in dieser Ecke? Und liefern sie nicht immer wieder Stoff für entsprechende Medienberichte? War da nicht anno 2009 beispielsweise ein Aargauer Kantonspolitiker, der sich der islamophoben Gruppe «Pro Köln» anschloss? Eine Organisation beobachtet vom Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen wegen des "Verdachts rechtsextremistischer Bestrebungen". Ein Verdacht, den die Verfassungsschützer zwei Jahre später als gesichert einstuften. Und hiess dieser damals noch weniger bekannte Mann nicht Andreas Glarner, heute Nationalrat? Sogar wiedergewählt. Und hat dieser Glarner nicht vor einiger Zeit, gleich zwei Medienschaffende eingeklagt, einer hatte ihn «Gaga-Rechtsextremist» genannt, der andere «rechtsextremer Nationalrat».
Oder ist alles ganz anders? Will Mooser aufklärerisch die SVP durch Richterinnen und Richter vorführen lassen? Da doch die Berichterstattung über die von der SVP angestrengten Strafverfahren, bei vielen Lesenden zur Erkenntnis führen werden, dass man in der «rechtsextremen Schmuddelecke» (Mooser) immer wieder auch SVP-Leute antrifft.
Ein paar Müsterlis aus dem unlängst beendeten Wahlkampf. Den Parteikameraden voran ging auch hier: SVP-Parteipräsident Marco Chiesa. Im Bundeshaus lässt er sich fotografieren, mit drei jungen Frauen der rechtsextremistischen Gruppe Nemesis. Eingeladen hatte die Aktivistinnen der Walliser SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor. In diesem Herbst zur Wahl empfohlen von der katholisch-rechtsextremem Gruppe Civitas, ebenso wie der Walliser SVP-Kantonsrat Cyrill Fauchère. Und die Walliser Rechtsextremisten-Gruppe «Résistance Helvétique» befand, die «europäische Zivilisation» müsse wieder «grossartig» werden. Es gelte, «gegen den «woke-gleichmacherischen Aberglauben» zu kämpfen und SVP zu wählen. Immerhin mit der Einschränkung, mangels besserer Wahl.
Und da war noch diese erfolglose Winterthurer SVP-Kandidatin, die sich die Medienarbeit von zwei Exponenten der «Jungen Tat» erledigen liess. Und es sich dazu herausstellte, dass einer dieser beiden Aktivisten auch Mitglied der JSVP Thurgau war. Und zu schlechter Letzt: Die Distanzierung des Thurgauer JSVP-Präsidenten führte zu eifrigen Diskussionen sowohl innerhalb der JSVP wie bei den noch weiter rechtsstehenden Kameraden. «Distanziritis» höhnten Knallharte. Und auch die kritisierte SVP-Kandidatin Maria Elena Wegelin befand, vor «linken Journalisten» weiche «man» nicht, noch lasse «man» sich zu «zu jedmöglichen Distanzierungen drängen». Eine ganz rechte Überzeugungspolitikerin halt!
P.S. Wenige Tage später ist Wegelin an einer ausserordentlichen Mitgliederversammlung zurückgetreten, sowohl als Parteipräsidentin wie als Stadtparlamentarierin.