zurück zur Blogübersicht

Verdeckte Fahndung: Keine Kontrolle der Polizei

Nicht auf Polizei mit "Augenmass" hoffen, sondern Gesetze mit Augenmass schaffen.

12. Mai 2013

“Soll die Polizei in Eigenregie verdeckt fahnden dürfen?” wollte die “Zentralschweiz am Sonntag” (ZaS) wissen. Für die Grünen schrieb ich einen Diskussionsbeitrag.

Zuerst auch diesmal eine gute Absicht: Der Luzerner Polizei sollte es wieder ermöglicht werden, in Chatrooms nach Pädophilen zu fahnden. Dies nachdem das Bundesgericht festgestellt hatte, dass nach Einführung der neuen Strafprozessordnung die rechtliche Grundlage dazu weggefallen war.

Herausgekommen ist ein Vorschlag, der den Prinzipien eines zeitgemässen Rechtsstaates nicht genügt. Die verdeckte Fahndung soll bereits «im Vorfeld» von Straftaten möglich sein, es braucht nicht einmal einen dringenden Tatverdacht, «hinreichende Hinweise» genügen. Wie solche Hinweise aussehen müssen, umschreibt der Gesetzesvorschlag nicht. (Anwesenheit an ausgewählten Orten? Hautfarbe? Sexuelle Orientierung?)

Anlass für verdeckte Fahndung kann jedes Verbrechen oder Vergehen sein, wie fahrlässige Widerhandlung gegen das Gewässerschutzgesetz oder Cannabis-Kleinsthandel. Hat ein Polizeioffizier einmal eine verdeckte Fahndung angeordnet, so kann die Polizei sie nach einem Monat «einmal oder mehrmals um jeweils einen Monat verlängern». Im Klartext: Gegen jede Frau und jeden Mann kann die Polizei jederzeit und immer verdeckt fahnden, sofern einmal gegen sie oder ihn von einem Polizeioffizier eine verdeckte Fahndung angeordnet worden ist.

Unbestritten ist, dass jede verdeckte Fahndung ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte darstellt. Es ist daher zwingend, dass – im Sinne der Gewaltentrennung – die Anwendung von einer zweiten Staatsgewalt kontrolliert wird, zum Beispiel durch das Zwangsmassnahmengericht; dies hat innerhalb von 24 (allenfalls auch 72) Stunden zu geschehen.

Befürworter der neuen Regelung haben wiederholt beteuert, man werde dieses polizeiliche Mittel «dann schon mit Augenmass» anwenden. Nur: Der Gesetzesgeber soll Gesetze mit Augenmass beschliessen – nicht aber Bestimmungen, von denen man nachher nur hoffen kann, dass sie «dann schon mit Augenmass» angewandt werden.

Diskussionsbeitrag in Zentralschweiz am Sonntag, 12. Mai 2013