Sitten, 6. März 2020
SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor, erstinstanzlich verurteilt wegen Widerhandlung gegen die Rassismus-Strafnorm, behauptet auch vor dem Kantonsgericht, seine Aussage "Mehr davon" sei ironisch gemeint gewesen und er habe nicht Muslime gemeint, sondern Ausländer, konkret Albaner. Umso theatralischer und ausschweifender tritt Addors Anwalt auf. Der Genfer Marc Bonnard spricht von einer "mafiösen Abrechnung" und davon, dass Islamophobie "legitim" sei. Und wie islamfeindliche Politiker behauptet er, "der Islam" sei "erobernd und siegreich". Und wie ein Kulturpessimist beklagt er, dass das Christentum dies nicht mehr sei, ja: "Wir haben verloren". Die Demokratien würden zerfallen, das Abendland sterbe, aber er wolle seine christliche Zivilisation "nicht sterben lassen". Und gegen Schluss will er die RichterInnen zu einem Freispruch bewegen, weil sonst die Falschen gewinnen würden. Er behauptet: Nach dem erstinstanzlichen Urteil hätten "die Muslime gejubelt", sie hätten ihn als "Sieg des Islams" angesehen. Das Urteil wird später schriftlich eröffnet.
Addor hatte im Sommer 2014 nach einem Mord in einer St. Galler Moschee per Tweet die Botschaft "Mehr davon!" (On en redemande!) verbreitet. Der fundamentalistische Zentralrat der Muslime hatte daraufhin Strafanzeige eingereicht. Addor hatte gegen einen Schuldspruch, ergangen im Sommer 2018, Berufung eingereicht. Vor dem Bezirksgericht hatten rund 60 SympathisantInnen Addor im Gerichtssaal ihre Unterstützung demonstriert, vor dem Kantonsgericht waren es noch knapp ein Dutzend, beide Male dabei Yvan Perrin, SVP, ehemaliger Nationalrat, ehemaliger Neuenburger Staatsrat.