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Rechtsextreme und das Dilemma der SVP

Gestern gab die SVP-Sektion Wägital bekannt, dass ihr Vizepräsident aus der Partei ausgetreten sei. In ihrer Medienmitteilung beklagt sie die «Medienhetze» und verlangt den Rücktritt des kantonalen SVP-Präsidenten Roland Lutz.

In den vergangenen Wochen liess sich zweimal ein SVP-Dilemma beobachten, beide Male im Kanton Schwyz: Die Partei will rechts neben sich keine politische Kraft entstehen lassen und duldet rechtsextreme Positionen, auch in ihren Reihen. Erst wenn Grenzüberschreitungen medial Aufsehen erregen, distanziert sich die Partei und sorgt dafür, dass Tabubrecher aus der SVP austreten. Das funktioniert nur dann reibungslos, wenn die Ertappten mitspielen.

Anfang Dezember antwortete Manuel Züger, Vizepräsident  der SVP-Sektion Wägital, auf die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehöre: «Das einzige was wieder nach Deutschland gehört ist ein neuer Onkel Dolf». Weder der Facebook-Schreiber noch der Vorstand der SVP-Sektion sahen darin etwas Falsches, sondern sie beklagten eine mediale Hetze. Der SVP-Kantonspräsident Roland Lutz stellte die Ortspartei daraufhin vor ein Ultimatum: Entweder der SVP-Vizepräsident tritt zurück oder die Sektion wird ausgeschlossen.

Gestern Montag verkündete nun die Ortsgruppe den Austritt ihres Vorstandsmitgliedes und bedauerte dessen «persönlichen Entscheid». Sie wirft Lutz «Selbstinszenierung» vor, auch habe er die «Medienhetze» vorangetrieben. Nun solle auch er abtreten. Sie verweist auf dessen Auftritte als Sänger einer Partyband, die nackt oder fast nackt – folglich nicht jugendfrei – auftritt. Ja, behauptet sie, der SVP-Kantonalpräsident verbreite auch «antisemitische, homophobe und sadistische Songtexte». Die Wägitaler legen dafür keine Belege vor. Klar ist immerhin: Eine beschränkt honorable Gesellschaft hat Krach.

Erst vor wenigen Wochen war bekannt geworden, dass der Vizepräsident der SVP-Sektion Morschach im Frühling bei einer antirassistischen Kundgebung mit einem Pfefferspray einen Kundgebungsteilnehmer angegriffen hatte. Er war darauf umgehend von seinem Amt zurückgetreten und hatte damit die Partei aus den Schlagzeilen gebracht.

Die Geschichte könnte sich gleichwohl weiter drehen, anders als es sich die SVP Wägital vorstellt. Auch ihr Mitglied Bernhard Diethelm hat eine Vergangenheit als Unterstützer von Rechtsextremisten. Anfang Februar 2007 lobte Diethelm, damals Sekretär der Jungen SVP Schwyz und eifriger Leserbriefschreiber, den Westschweizer Holocaust-Leugner Philippe Brennenstuhl, der dafür kämpfte, dass Rechtsextreme am 1. August wieder demonstrativ an der Bundesfeier auf dem Rütli teilnehmen können. Diethelm kritisierte die Rütli-Kommission, die dies verunmöglicht hatte: Sie habe das Zugangsrecht «jedes freien Schweizers» eingeschränkt. Die regionale Tageszeitung «Bote der Urschweiz» titelte damals «Braune Hilfe von JSVP-Sekretär». Diethelm wollte den Vorwurf nicht auf sich sitzen lassen. Der Presserat wies seine Beschwerde ab.

Hans Stutz
Tachles Online, 24. Dezember 2019
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