Sie will in drei Sprachregionen zweitausend Franken ausschütten an Personen, die sich im vergangenen Jahr besonders wider die ‚Verjudung‘ der Schweiz engagiert hätten. Die Reaktionen lassen sich leicht ausmalen: Die Redaktionen schalten auf Sturm. Sie veröffentlichen skandalisierende Berichte, vernichtende Kommentare, sie holen Stellungsnahmen von Politikerinnen und Politikern ein, dann folgen Medienmitteilungen von Parteien und Engagierten der Zivilgesellschaft , allenfalls sogar parlamentarische Vorstösse im Bund und einigen Kantonen. So sollte es sein, wenn Diskriminierungswillige Angehörige einer Religion diskreditieren wollen.
Nicht Politik-Fiktion sondern Realität: Im August 2018 lancierte der Tessiner Giorgio Ghiringhelli einen „Stop Islam Award“. Als absehbar war, dass der Namen als strafbare Aufforderung verstanden werden könnte, machte der Preisausschreiber daraus den „Stop Islamisierung Award“. Die Absicht blieb, „Patrioten“ auszuzeichnen, die „im Geiste Wilhelm Tells“ sich den „neuen Eroberer“ entgegenstellen würden. Reaktionen blieben aus, kaum eine Zeitung berichtete, eine nominierte Tessiner Islamophobe behauptete, die Schweizer Presse „zensuriert“ den Preis. Immerhin der „Tagesanzeiger“ berichtete, doch kein Sprecher einer islamischen Gemeinschaft kam zu Wort. Nur die award-nominierte Saïda Keller-Messahli, die seit vielen Jahren bei allen islamophoben Anliegen im Umzug mitläuft. Selbst ihr ging das Projekt zu weit. Es sollen Leute ausgezeichnet werden, erklärte sie, „welche gegen die muslimische Kolonisierung unseres Landes“ kämpfen. Sie wollte die Auszeichnung nicht annehmen, das tat dann SVP-Nationalrat Walter Wobmann, Co-Präsident des Egerkinger Komitees. Er sackte 2000 Franken ein und verstand sie als Aufforderung weiter gegen die muslimische Gemeinschaft zu agieren.
Preisausschreiber Ghiringhelli ist unter den Schweizer Islamophoben eine grosse Nummer. Er hat im Tessin vor bald zehn Jahren ein kantonales Burkaverbot durchsetzen können. Er ist damit der Inspirator des eidgenössischen „Verhüllungsverbots“ und Mitglied des Initiativkomitees. Er macht aus seinen Absichten keinen Hehl. Ende Juli 2020 kündigte er an, 170 PolitikerInnen und JournalistInnen das Buch „Stop Islam“ zu schenken, verfasst von einem italienisch-ägyptischen konvertierten Christen. Es belege, so der Tessiner Islamophobe, dass der Islam unverträglich mit der abendländischen Gesellschaft sei und deshalb in Europa für aussergesetzlich (fuori legge) erklärt werde sollte.
Und Ende Januar 2021 hat Ghiringhelli den Preis zum vierten Mal ausgeschrieben, für den Preis schlägt er auch das Egerkinger Komitee vor und damit auch sich selbst.* Keine Überraschung. Der Tessiner ist mit den „Egerkinger“ vielfach verflochten. Das Fundraising der ersten Award-Auszeichnung besorgte die Sammelplattform „Tells-Geschoss“, verantwortet von Ulrich Schlüers "Schweizerzeit" und verwaltet von Anian Liebrand, einst Präsident JSVP Schweiz, nun Geschäftsführer der Abstimmungskampagne Verhüllungsverbot. Beide sind Mitglied des Egerkinger-Komitees, wie auch der Walliser SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor. Schon mit mehreren parlamentarischen Vorstössen versuchte er Muslimas und Muslime aus der Gesellschaft zu verdrängen. Er wollte für weibliche Angestellte der Bundesverwaltung und von Betrieben, die mehrheitlich vom Bund beherrscht werden, ein Trageverbot des Hijab, des islamischen Kopftuchs, oder anderer Kleidungsstücke, die das Gesicht oder den Kopf bedecken. Er wollte die Daten zur Religionszugehörigkeit von Angehörigen der Armee erheben, dies wegen den Risiken „mit der Ausbreitung des Islams“. Er wollte“keine muslimischen Armeeseelsorger in unserer Armee“ und verband Diskriminierung der Muslime mit der Privilegierung von Christen, da er «ausschliesslich evangelisch-reformierte, römisch-katholische und christkatholische Seelsorgerinnen und Seelsorger“ in der Armee zulassen wollte.
Die Juden ebenfalls diskriminiert hätte die Walliser Initiative "Keine Kopfbedeckung an den Schulen". Hauptexponent: Jean-Luc Addor. In einem Interview erklärte er freimütig: „Wir zielen auf die Muslime“. Die Initiative hätte auch das Tragen einer Kippa in den Volksschulen verunmöglicht. Der SVP-Nationalrat wischte den Einwand weg mit der Bemerkung, Juden seien ja diskret. Das Walliser Kantonsparlament erklärte die Initiative für ungültig. Das Bundesgericht bestätigte später, das Begehren richte sich in erster Linie gegen MuslimInnen und könne nicht umgesetzt werden, ohne dass die Religionsfreiheit verletzt würde.
Im Abstimmungskampf verhüllen die Initianten ihre Absichten. Sie behaupten nun, es gehe um Frauenrechte. Unverhüllt – und von den Medien kaum beachtet – streben sie die Verdrängung des Musliminnen und Muslime aus der Schweiz an.
* Herr Ghiringhelli legt Wert auf die Feststellung, dass er zwar zum Initiativkomitee der «Burka»-Initiative gehört, dieses aber nicht deckungsgleich mit dem Egerkinger Komitee ist.