Nicht nur die Vergangenheit der Schweizerischen Volkspartei hat dunkle Flecken. Laut einer letzte Woche veröffentlichten Studie des GfS-Forschungsinstitutes zeigt heute ein Drittel der SVP-Wählerschaft «eine deutliche Nähe zum Antisemitismus». Der Befund kommt nicht von ungefähr. Besonders in der Auseinandersetzung um die nachrichtenlosen Vermögen aktivierten einige SVP-Exponenten immer wieder antisemitische Vorstellungen. Allen voran Christoph Blocher. In seiner Oerlikoner Rede beschwor der Präsident der Zürcher Kantonalpartei Anfang März 1997 antisemitische Vorurteile. Er habe, bestätigte später das Zürcher Bezirksgericht, «das Klischee vom geldgierigen - und im Übrigen auch verräterischen - Juden in arger und ärgster Weise strapaziert».
"Stammt aus der NS-Propaganda"
Unbelastet von historischer Kenntnis behauptete Parteipräsident Ueli Maurer 1997, der J-Stempel sei «als Schutz für die Betroffenen» eingeführt worden. Diese Aussage reproduziere «die eindeutig antisemitisch motivierte Argumentation, mit der die offizielle Schweiz 1938 die Einführung des Judenstempels rechtfertigte», kommentierte die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus. In derselben Woche wie Maurer deutete Rolf Rüegg, ein Ex-Präsident der Jungen SVP, die jüdischen Opfer als Schmarotzer. Im Partei-Pressedienst giftete er im Zusammenhang mit dem Basler Zionistenkongress gegen «Angehörige einer bestimmten Religion», die «heute wie gestern auf unsere Armee und Polizei vertrauen, wenn sie sich gegen Bedrohungen schützen wollen».
Selbst in offiziellen Parteitexten produziert die SVP antisemitische Anspielungen. In einer in ganzseitigen Zeitungsinseraten publizierten «Jubiläumsproklamation» zum 80-jährigen Bestehen der SVP Zürich, lobte die Partei im September 1997 ihren Kampf gegen den «sozialistischen und goldenen Internationalismus». Ohne den Parteinamen zu nennen, hielt die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus daraufhin in ihrem Bericht «Antisemitismus in der Schweiz» fest: «Der Begriff «goldener Internationalismus» stammt aus der NS-Propaganda und meint das «Weltjudentum».»
In welches politische Umfeld SVP-Exponenten mit antisemitischen Äusserungen geraten, erfuhr der SVP-Gemeinderat Ernst Gassmann aus der Zürcher Gemeinde Bäretswil. Er zeichnete im Februar 1997 verantwortlich für die Herausgabe eines antisemitischen Fasnachtsverses, den andere Mitglieder der dörflichen Fasnachts-clique getextet hatten. Alle Beteiligten erhielten daraufhin Gratulationen von Rechtsextremen und Antisemiten, wurden aber vom Bezirksgericht Hinwil wegen Widerhandlung gegen die Rassismus-Strafnorm zu Bussen verurteilt. Immerhin baten die Angeschuldigten bei der Gerichtsverhandlung «alle jüdischen Menschen und alle anderen Mitbürgerinnen und Mitbürger, die sich betroffen gefühlt haben mögen, um Entschuldigung und Verzeihung». Solche Einsicht fehlt den nationalen SVP-Gremien. Vom SVP-Antisemiten und Rimuss-Produzenten Emil Rahm wollte sich die Partei bislang nicht trennen.