Mutloses Männergrüppchen
Regierungsrat schweigt zur SVP-Initiative gegen Secondas & Secondos.

Nach Ansicht des Berner Regierungsrates schwächt die Initiative den Rechtsstaat, strapaziert die Beziehungen zu Europa, schadet der Berner Wirtschaft und ist für die Kantone schwierig umzusetzen. Und die Zürcher Regierung warnt vor dem SVP-Begehren: Es setze wichtige Prinzipien unseres Rechtsstaats ausser Kraft. Es verletze das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU und schade damit dem guten Ruf der Schweiz als Land mit hoher Rechtssicherheit. Und es sei angesichts „der heutigen konsequenten Umsetzung des geltenden Rechtes überflüssig“. In der Tat können Secondas und Secondos nach Verurteilungen doppelsanktioniert werden, neben der eigentlichen Bestrafung müssen sie noch das Land verlassen. Nach Annahme der SVP-Initiative müssten pro Jahr wohl Tausende diese Ungerechtigkeit erleiden.
Der Luzerner Regierungsrat hat sich bis anhin nicht zum SVP-Begehren vernehmen lassen. Ich habe ihm deshalb in einer Dringlichen Anfrage vier Fragen gestellt.
- Bei einer Annahme tritt die Initiative am 1. März 2016 [recte: 29. Februar 2016] sofort in Kraft. Weil kein ordentliches Gesetzgebungsverfahren stattgefunden hat, konnten die Kantone ihre Anliegen nicht einbringen.Es fehlen zum Beispiel kantonale Organisations- und Vollzugserlasse, personelle und finanzielle Ressourcen und die nötige Infrastruktur. Kann der Regierungsrat genauer aufzeigen, welche Herausforderungen der Kanton kurz- und langfristig bei einer Annahme der Initiative zu bewältigen hätte?
- Welche Kostenfolgen sieht der Regierungsrat bei einer Annahme der Durchsetzungsinitiative für das Justizwesen im Kanton Luzern? Wie viele Stellen müssten bei der Staatsanwaltschaft und wie viele bei den Gerichten zusätzlich geschaffen werden?
- Es ist absehbar, dass häufig junge Menschen – hier geboren, hier ausgebildet – von einer Ausweisung bedroht wären. Es ist auch absehbar, dass diese Menschen von ihrem Recht Gebrauch machen werden, eine mögliche Ausweisung mit allen rechtsstaatlichen Mitteln zu verhindern. Welche Kostenfolgen sieht der Regierungsrat bei einer Annahme der Initiative bei der Unentgeltlichen Rechtspflege bzw. der amtlichen Verteidigung?
- Die konsequente Umsetzung der Initiative verletzt das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU. Welche Auswirkungen auf die Luzerner Volkswirtschaft sieht der Regierungsrat bei einer Annahme der Durchsetzungsinitiative?
Nachtrag: Der Luzerner Regierungsrat hat es nicht für nötig befunden, meine Fragen ausreichend zu beantworten. Den politischen Tiefpunkt erreichte die kurze Debatte im Rat durch SVP-Regierungsrat Paul Winiker. Auf Nachfrage meines Kollegen Michael Töngi, wie die Regierung sich nun zur Durchsetzungsinitiative stelle, antwortete Winiker sinngemäss: Sie habe eine Meinung, aber behalte diese für sich. Seine persönliche Meinung hat Winiker allerdings deponiert, auf seinem Facebook-Konto, da teilt er einen Aufruf von SVP-Nationalrat Reimann/SG zugunsten der Durchsetzungsinitiative. Immerhin führte die Anfrage zu einem Medienbericht - leider ohne Stellungsnahmen der Grünen und der SP! Immerhin erntete der Regierungsrat einigen Gegenwind, auch von Bürgerlichen: