Nicht Stadt-Land-Graben, sondern Verteilungskampf
Bürgerliche wollen der Stadt verdichtetes Bauen aufzwingen.
In der NZZ räsoniert heute der neue NZZ-Korrespondent Erich Aschwanden über „unterschiedliche Interessen von Stadt und Land“. Die Frage ist allerdings: Öffnet der Kanton privaten InvestorInnen den städtischen Raum zur verdichteten Nutzung? Das wollen auch einige Stadtluzerner Bürgerliche.
Aufhänger für Aschwandens Text ist ein Kommentar von Stefan Calivers, Chefredaktor „Willisauer Bote“ über den Kantonsratsentscheid, die Planung für ein neues Gebäude für Kantonsgericht und Bibliothek im Gebiet „Vögeligärtli“ aufzunehmen (Motion Andrea Gmür-Schönenberger CVP). Dies obwohl die Standortevaluierungen für ein neues Kantonsgerichtsgebäude in Kriens oder Ebikon schon weit fortgeschritten waren. Und obwohl bereits ein Umbau- und Sanierungsprojekt für die Zentral- und Hochschulbibliothek ZHB besteht, allerdings war dieses bereits vor einem Jahr durch die Motion des Bauunternehmers Hans Aregger (CVP) gestoppt worden. Die Motion verlangte eine private Realisierung des Neubaus Bibliothek mit Wohnungsnutzung. Beide Motionen wurden auch von städtischen Bürgerlichen unterstützt.
Calivers schreibt: “Das Gros der Kantonsratsmitglieder von der Landschaft – darunter viele aus der Region – muss sich vorwerfen lassen, den gerade von ihnen immer wieder beklagten Staadt-Land-Graben ohne Not weiter aufgerissen zu haben.“ In der Tat sind Klagen ländlicher Bürgerlicher über die angebliche Bevorzugung städtischer Interessen gang und gäbe. Nur erklärt dieser Sachverhalt nicht das Gehacke um das Gelände „Vögeligärtli“.
Bei den verschiedenen Kantonsrat-Diskussionen der vergangenen Monate wurde deutlich, viele Bürgerliche möchten der Stadt eine intensivere Ausnützung des „Vögeligärtli“-Areals aufzwingen und das Geschäft privaten InvestorInnen überlassen. Eine Absicht, die in der Stadt politisch kaum umsetzbar sein wird. Die Mehrheit der Stadtluzerner Stimmenden hat in den vergangenen Monaten gleich zweimal für eine sozialere Nutzung von Grundeigentum votiert.
Die ganze Auseinandersetzung um die ZHB hat einen Nebeneffekt, den – vermute ich - einige Bürgerliche ganz gerne sehen: Die mehrjährige Verzögerung der beiden Projekte erleichtert es ihnen, weiterhin zu behaupten, der Kanton Luzern betreibe eine erfolgreiche Finanzpolitik.