«Man kann nicht gleichzeitig Katholik und Demokrat sein»
Chefredaktor Jérôme Martinu verteidigt den Gottesbezug in der Luzerner Kantonsverfassung mit der «auf den christlichen Grundwerten basierende Herkunft unserer Gesellschaft». Diese Einschätzung mag für die Gesellschaft zutreffen, nicht jedoch für den bürgerlichen Staat, beruhend auf den Menschenrechten, erstmals festgeschrieben 1789 nach Christi Geburt. Einmal abgesehen davon, dass bis anhin kein Gottesbeweis wissenschaftlich anerkannt ist. Und auch abgesehen davon, dass zwar rund 67 Prozent der Luzerner Erwachsenen für eine christliche Kirche Steuern abliefern, die Kirchen jedoch leer sind. Fakt ist: Der freiheitliche und liberale Staat entstand gegen den Widerstand fast aller katholischer Würdenträger und den Konservativen aller Religionsgemeinschaften. Und die Katholische Kirche anerkannte die Werte der Aufklärung erst beim Zweiten Vatikanischen Konzil und dies nur Gebetsfinger knirschend und halbbatzig. Selbst diese Neuerungen stehen seit einigen Jahren verstärkt unter Druck, sowohl innerhalb der Kurie wie bei Laien-Vereinen wie Pro Ecclesia. Besonders fundamentalistisch Gesinnte behaupten gar: «Man kann nicht gleichzeitig Katholik und Demokrat sein». So vor kurzem Alain Späth, Sprecher der Bewegung «Civitas Suisse», aus dem Umfeld der Pius-Bruderschaft (Ecône). Was dieses Grüppchen anstrebt, war einst politische Realität, der Gegenentwurf war und ist der liberale Staat, befreit von religiösen Bezügen.
Leserbrief in der Luzerner Zeitung LZ