Winterthur, 10. Mai 2022
Unbekannte besprayen ein Auto mit einem ukrainischen Nummernschild mit einen Hakenkreuz und dem Z-Zeichen, dem Propagandazeichen für die russische Invasion.
Unbekannte besprayen ein Auto mit einem ukrainischen Nummernschild mit einen Hakenkreuz und dem Z-Zeichen, dem Propagandazeichen für die russische Invasion.
Das Schweizer Fernsehen SRF verbreitet einen grobfährlässig unkritischen Bericht über die identitäre Frauengruppe Nemesis, aktiv in der Westschweiz.
Drei Aktivisten der Jungen Tat befestigen an einem Kran ein grosses Transparent: "Denkst du global, dienst du dem Kapital! Sichere Grenzen, sichere Zukunft". Sie werden von Teilnehmer*innen der 1. Mai-Kundgebung bemerkt, ebenso von Polizist*innen. Sie werden nach der Aktion von Polizist*innen angehalten. Wie die Wochenzeitung WOZ (siehe Anhang) berichtet, holt ein Unia-Gewerkschafter, Kranführer und Migrant das Transparent vom Kran. Und die Moral der Geschichte sei, so der WOZ-Redaktor Kaspar Sauber: "Die Migrant:innen in der Schweiz bauen nicht nur die Strassen und Häuser. Am Ende räumen sie auch noch den Gedankenschrott weg."
Das Beratungsnetz für Rassismusopfer meldet 630 Fälle rassistischer Diskriminierung für das Jahr 2021. Die meisten Vorfälle ereigneten sich am Arbeitsplatz und im Bildungsbereich. Benachteiligungen und Beschimpfungen waren die häufigsten Diskriminierungsformen. Die am meisten genannten Motive blieben Ausländer- bzw. Fremdenfeindlichkeit und Anti-Schwarzer Rassismus gefolgt von antimuslimischem Rassismus. Auffallend war die vermehrt auftretende Feindlichkeit gegenüber Menschen aus dem asiatischen Raum.
Der Arbeitsplatz mit 106 und der Bildungsbereich mit 94 Fällen sind die am stärksten betroffenen Lebensbereiche. Im Vergleich zu 2020 nahmen die Diskriminierungen im Bildungsbereich deutlich zu, dabei betrafen die meisten Meldungen Rassismus gegen Schwarze Personen.
Ausländer- bzw. Fremdenfeindlichkeit mit 218 und anti-Schwarzer Rassismus mit 207 Fällen waren die häufigsten Diskriminierungsmotive. Neben dem Bildungsbereich (40) ereigneten sich die meisten Fälle von anti-Schwarzem Rassismus am Arbeitsplatz (37) sowie im öffentlichen Raum und in der Nachbarschaft (je 26). Weiterhin häufig waren Beratungsfälle im Bereich Muslimfeindlichkeit (53) sowie in der inhaltlich verwandten Kategorie der Feindlichkeit gegen Menschen aus dem arabischen Raum (51). Die neue Kategorie «Feindlichkeit gegen Menschen aus dem asiatischen Raum» weist 41 Meldungen auf, vor allem bezüglich Beschimpfungen und andere herabsetzende Äusserungen oder Illustrationen. Auch Meldungen mit antisemitischen Motiven haben leicht zugenommen.
Das Bezirksgericht Zofingen verurteilt den Rothrister SVP-Lokalpolitiker Naveen Hofstetter wegen Rassendiskriminierung. Die Richter sind allerdings nachsichtig, sie auferlegen dem SVP-Rechten, der auch in der kantonalen SVP-Geschäftsleitung sitzt, eine bedingte Strafe (15400 Franken), verzichten jedoch darauf, gegen ihn eine unbedingte Busse zu verhängen. Eine solche hatte der Staatsanwalt in seinem Strafbefehl gefordert.
Wie andere Maulhelden seines politischen Lagers wollte Hofstetter vor dem Gericht den diskriminierenden Inhalt seiner Äusserungen nicht erkennen können. Er hatte den Abstimmungskampf um die "Ehe für alle" benutzt, um Männer afrikanischer Herkunft zu diskreditieren. In einem Facebook-Beitrag schrieb er: "Wenn wir es nun zulassen, dass in naher Zukunft dann auch afrikanische Flüchtlinge (mehrheitlich Männer), kleine Mädchen zwecks ‹figgifiggi› adoptieren dürfen, dann Gute Nacht mit unserer Kultur!" Nach ersten kritischen Einwänden löschte er den Post, verwendete aber Teile davon in einem zweiten Post, angereichert durch die Behauptung, das Gesetz sei ein Schritt für weitere Forderungen zu Kindsadoptionen von "unnatürlichen Partnerschaften". Vor Bezirksgericht gab der SVP-Exponent den Uneinsichtigen, er sprach vom "absurden Rassismus-Vorwurf" und stellte sich als "Andersdenkender" dar, den man "für unliebsame Meinungsäusserungen" wolle. Hofstetter appelierte ans Obergericht.
„Ehrenpreis“ für Muslimfeindschaft
Die Organisatoren des „Stop Islam Award“ ehren den französischen Rechtsextremisten Éric Zemmour für sein Engagement gegen Einwanderung und Muslime.
Bereits seit 2018 vergibt die Tessiner Bewegung „Il Guastafeste“ (Der Spielverderber), gegründet und geleitet vom Tessiner Giorgio Ghrinighelli, ihren „Stop Islam Award“, jährlich dotiert mit sechstausend Franken, je 2000 pro Sprachregion.
Unter den Anfang 2022 vorgeschlagenen Preisanwärtern französischer Sprache war auch Éric Zemmour. Der politische Journalist, Schriftsteller und Polemiker sei, so die Einschätzung der Preisverleiher, in den vergangenen Jahren zu einem der „unbeugsamsten und bekanntesten Gegner der Einwanderung und der Islamisierung Frankreichs“ geworden. Unerwähnt liessen sie: Der Präsidentschaftskandidat wurde bereits mehrfach wegen Rassenhass verurteilt.
Von den Medien bin anhin unbeachtet sind in der ersten Märzhälfte – gestützt auf eine Medienmitteilung der Organisatoren - auf zwei muslimfeindlichen Westschweizer Blogs die Namen der diesjährigen Preisträger veröffentlicht worden. Und damit auch, dass die Jury den Preis gerne Zemmour zugesprochen hätte. Doch dieser soll durch die Verleihung sich zwar geehrt gefühlt haben, habe aber das Geld nicht akzeptieren wollen. Kein Problem für die islamophoben Organisatoren. Sie verleihen dem Kandidaten Zemmour den Preis „ad honorem“, für „dessen grandioses Engagement und seinem heroischen Mut“.
Den Preis für die deutschsprachige Region erhält übrigens die Stiftung Zukunft-CH, in der christlich-fundamentalistisch orientierte Frauen und Männer wenig beachtet von der Öffentlichkeit gegen den Islam und gegen Abtreibungen anschreiben. Präsidiert wird die Organisation von Pfarrer Michael Freiburghaus, reformierter Pfarrer in Leutwil-Dürrenäsch, Kanton Aargau. Auf ihrer Homepage hat die die Stiftung die Awards-Zusprechung bis anhin nicht erwähnt. Es macht ja auch keine gute Falle, zusammen mit einem französischen Rechtsextremisten geehrt zu werden.
Tachles, 8. April 2022
Alle Rechte beim Verfasser.
Die Journalist"innen-Berufsorganisation Impressum berichtet, dass der Waadtländer Generalstaatsanwalts Eric Cottier einen Strafbefehl gegen den rechtsextremen Aktivisten Alain Soral erlassen hat. Das Verdikt: Drei Monate Gefängnis unbedingt wegen homophober Äusserungen gegen eine Journalistin der Tageszeitung 24heures. Nach einem Artikel, erschienen Ende August 2021, hatte Soral die Journalistin als "fette Lesbe" und "Queer-Aktivistin" bezeichnet, wobei er andeutete, dass letzterer Begriff "gestört" bedeute. Das Verdikt ist nicht rechtskräftig. Gegenüber Medienschaffenden wollte Sorals Verteidiger Pascal Junod für den Moment keinen Kommentar abgeben.
Die Gruppe Resistance Helvetique veröffentlicht einen Wahl an die "Franzosen in der Schweiz und anderswo", zu Gunsten von Eric Zemmour. Unter anderem schreibt die Gruppe: Es sei "unerlässlich ass eines der Länder des dekadenten Westeuropas endlich die radikale Entscheidung trifft, den Migrationsstrom zu stoppen oder sogar umzukehren, um ein weißes und entislamisiertes Europa nach dem Vorbild der Länder des Ostens wiederherzustellen!"
Das Innerschweizer Online-Portal zentralplus berichtet: Die Staatsanwaltschaft bestrafte einen 69-jährigen Zuger wegen Rassendiskriminierung. Das Urteil sei rechtskräftig. Der Mann habe seinen Nachbarn und dessen Familie über längere Zeit belästigt, unter anderem gesagt: "Du sollst nicht hier sein in der Schweiz. Wenn ich die Behörde wäre, würde ich euch wie ein Ball in eure Heimat zurück schicken". Weiter habe er in der Waschküche gewütet: «Scheiss Afrikaner". Auch habe er den Nachbarn mit dem "N-Wort" beschimpft. Vor den Kindern des Mannes habe er gesagt: "Ich kauf dir ein Gummiboot, dann kannst du nach Hause."
Beim Fussball-Zweitligaspiel FC Wiesendangen vs. SC Veltheim schreien einige Unterstützer der Heimmannschft Affenlaute gegen einen dunkelhäutigen Veltheimer.
In der Debatte zum russischen Angriff auf die Ukranie erklärt SVP-Fraktionssprecher Thomas Aeschi: "Wir fordern Frau Bundesrätin Keller-Sutter auf, dieselben Fehler und Probleme, die mit den Balkan-Flüchtlingen begangen wurden, nicht zu wiederholen. Ausländer, welche in der Ukraine wohnen, aber eben nicht Ukrainer sind, sollen in ihr Heimatland zurückgehen. Es darf nicht sein, dass Nigerianer oder Iraker mit ukrainischen Pässen plötzlich 18-jährige Ukrainerinnen vergewaltigen!". In seinem Weltwoche-Daily-Beitrag macht SVP-Nationalrat Roger Köppel, auch Weltwoche Chefredaktor, das Desaster noch deutlicher. Er behauptet, Aeschi sei "unqualifiziert angegriffen" worden. Er verweist auf einen Einzelfall, den Aeschi im Parlament weder erwähnt noch angedeutet, später jedoch als Begründung nachgeschoben hatte. Beide verwenden sie einen (mutmasslichen) Einzelfall, um ein Pauschalurteil zu fällen und anschliessend Nigerianer*innen und Bürger*innen anderer nichteuropäischer Staaten wegen ihrer Herkunft schlechter zu stellen.
In einer Stellungsnahme schreibt die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus EKR: "Herr Aeschi nutzt rassistische Stereotype, um eine Gruppe von Menschen (in diesem Fall Iraker und Nigerianer) pauschalisierend als Vergewaltiger darzustellen."
Das Bundesgericht bestätigt in öffentlicher Verhandlung die Verurteilung der beiden Co-Präsidenten der Jungen SVP des Kantons Bern wegen Rassendiskriminierung. Niels Fiechter und Adrian Spahr hatten vor den Grossratswahlen 2018 eine Karikatur auf der Facebook-Seite der Jungen SVP veröffentlicht. Sie zeigt einen Schweizer im Sennenchutteli vor einem Müllberg, im Hintergrund eine Wagenburg. Er hält sich die Nase zu, nebenan erleichtert sich ein Mann in den Büschen. «Millionenkosten für Bau und Unterhalt, Schmutz, Fäkalien, Lärm, Diebstahl etc. gegen den Willen der Bevölkerung» steht auf dem Flyer. "Wir sagen Nein zu Transitplätzen für ausländische Zigeuner!".
Die Medienmitteilung des Bundesgerichtes hält fest: "Aufgrund der schriftlichen und bildlichen Elemente des Beitrags – unter anderem der Bildüberschrift "ausländische Zigeuner" und der Abbildung einer leicht dunkelhäutigen Person – ist davon auszugehen, dass der Begriff vom Durch- schnittsadressaten als Sammelkategorie für Roma und Sinti und damit für ethnische Gruppen verstanden wird. Indem die Gleichwertigkeit der Angehörigen der Roma und Sinti als menschliche Wesen durch die pauschalisierte Zuschreibung von unordentlichen, unhygienischen, geradezu ekelerregenden, schamlosen und kriminellen Verhaltensweisen in Frage gestellt wird, werden sie im Sinne des Tatbestandes herabgesetzt."
Das Kantonsgericht bestätigt ein Urteil gegen Philippe Brennenstuhl, immer noch Präsident der offiziell inaktiven Parti Nationaliste Suisse (PNS). Es spricht ihn schuldig der Widerhandlung gegen die Rassismus-Strafnorm. Begangen im November 2020 durch die Veröffentlichung eines Facebook-Eintrages, in dem Brennenstuhl die "Unwahrscheinlichkeit der Shoah" behauptet, auch Auschwitz erwähnt hatte und von "den Absurditäten, die man uns seit 1945 immer wieder serviere" geschrieben hatte. Der Verein Cicad hatte daraufhin Strafanzeige eingereicht. Brennenstuhls Verteidiger, der Genfer Rechtsextremist Pascal Junod, behauptet, seinem Mandanten sei es nicht darum gegangen, den Völkermord zu leugnen, sondern den Bergier-Bericht zu kritisieren: Die Zahl der jüdischen zurückgewiesenen Flüchtlinge sei viel niedriger als die Zahl, die die Bergier-Kommission 1999 veröffentlicht habe.
Das Kantonsgericht bestätigte die Verurteilung zu 30 Tagessätzen auf Bewährung, 300 Franken Busse und zur Zahlung der Gerichtskosten.
Wenige Tage nach der Zustellung reicht der Verteidiger einen Befangenheitsanstrag ein: Ein beisitzender Richter sei während des Plädoyers der Verteidigung unruhig geworden, auch habe er Brennenstuhl bei der Befragung zurechtgewiesen.
Ein Infektiologe einer Zürcher Klinik verweigert einen HIV-positiven Mann die weitere Behandlung, da er Russe sei.
Die NZZ kommentiert die aktuelle, von Russland verursachte Flüchtlingskrise mit diskrimierenden Unterstellungungen wider nicht-europäische Flüchtende: "Es sind dieses Mal echte Flüchtlinge. Ein weiterer Grund: Wir sehen das Leid dieser Menschen. Niemand kann die Gefahr leugnen, in der sie stecken. Das ist bei vielen Migranten, die in der Vergangenheit als vermeintliche Flüchtlinge nach Europa gekommen sind, anders. Während die Männer in Charkiw und Kiew für ihre Heimat kämpfen und dafür sorgen, dass ihre Frauen und Kinder in Sicherheit kommen, waren es in früheren Jahren auffallend oft junge Männer, die von anderen Kontinenten nach Europa kamen. Ihre Familien liessen sie zurück." Die NZZ bestätigt damit ein Narrativ, das sowohl unter Rechtsextremist*innen wie auch xenophoben Rechtsaussen verbreitet ist.
Rund achtzig Leute sitzen in einem Saal, gerufen von der Vereinigung «Reconquête» (Rückeroberung) Suisse, gegründet um den Wahlkampf des französischen Präsidentschaftskandidaten Eric Zemmour zu unterstützen. In der ersten Reihe thront Oscar Freysinger, einst SVP-Nationalrat, dann glorios abgewählter Staatsrat, nun mit bedingungslosem Einkommen. Doch ein anderer SVP-Exponent ergreift zuerst das Wort, um eine Lobesrede auf den französischen Rechtsextremisten zu halten: Jean-Luc Addor, Nationalrat. «Nur in seinem Namen», betont Addor, üblicherweise steht ja seine Partei für schneidigen Nationalismus, der Einmischung von aussen lauthals ablehnt. Addor kriegt die Kurve schnell, Zemmour kämpfe nicht nur für «Frankreich zuerst», sondern auch «für unsere Zivilisation». Addor nennt ihn einen «Intellektuellen», der «die europäische Zivilisation» verteidige, gegen den Verlust grundsätzlicher Werte kämpfe, gegen unkontrollierte Einwanderung, Islamisierung, Globalisierung, «diese Maschine, die Identitäten und Völker zermahle», offensichtlich Gedankengut von nationalistischen Rechtsaussen und Rechtsextremen. Die gleichen Werte und Ideen, die ihn Addor auch in die Politik getrieben hätten.
Der SVP-Nationalrat hält Zemmour jedoch für einen «Konservativen», aber lobt dessen Engagement gegen den «Grossen Austausch» und für die sofortige «Rückeroberung». Beides Begriffe aus dem rechtsextremen Gedankengut. Konkret meinen sie den Kampf gegen den imaginierten Plan, wonach es eine geheime Absprache für die Auswechslung der einheimischen Bevölkerung durch Migration gebe und gegen die man durch «Rückeroberung» verlorener Gebiete ankämpfen müsse. Für Zemmour gehe es um «Feigheit» oder «Ehre». Und Zemmors Kampf für die «Ehre« will Addor unterstützen.
Nach der Veranstaltung begründet auch Oscar Freysinger sein Engagement für Zemmour, der mehrfach wegen Aufwiegelung zum Rassenhass verurteilt wurde. Gegenüber einem Reporter von Blick Westschweiz erklärt er, Zemmour sei «bei weitem der Beste für Frankreich«. Bedingungslos würde er ihn unterstützen. Wieder einmal haben sich zwei Walliser SVPler ganz weit nach rechts gelehnt.
Der Unterstützerverein «Reconquête Suisse« schaut zuversichtlich dem ersten Wahlgang entgegen. Über Social Media-Kanäle verbreitet er die Botschaft, gemäss neuen Umfrageergebnissen liege Zemmour nun an zweiter Stelle. Ob er es wirklich in die Stichwahl gegen Präsident Emmanuel Macron schafft, bleibt offen. Andere Umfragen sehen ihn an dritter Stelle.
Tachles Online, 21. Februar 2022/hier leicht gekürzt
Vor dem Bezirksgericht Bülach hat Claudio Schmid, Kantonsrat SVP einen Auftritt, begleitet ist er von seinem Anwalt Hermann Lei, ebenfalls Kantonsrat SVP, jedoch im Kanton Thurgau. Er ist einmal durch einige Säle gezogen mit einem Vortrag, in dem Tipps gab, wie Diskreditierungswillige reden können, ohne die Rassismus-Strafnorm zu verletzen.
Sachverhalt:Ein Vielschreiber muss keine Details kennen. Er weiss, wer schuldig ist. So unbedacht ist er auch morgens um halb sieben nicht. Also tippt er los, er kennt doch seine Kamerad*innen: „In #Hanau am ‹Bosporus› zu Frankfurt“. Versteht jede SVP-Stammwählerin und jeder Überfremdungsschreier: Das ist da, wo Deutschland nicht mehr Deutschland ist, sondern „Türkei“ und da sei Terror, Unruhe, Gewalt. Da sei es, so der sendungsfreudige Twitterer, „offenbar zur grossen Bereicherung“ gekommen. Den Begriff verwenden Rechtsaussen und Hetzer und Rechtsextreme gerne, wenn sie jene blamieren wollen, die für einen grundrechtsgestützten Umgang mit Migratinnen und Migranten einstehen. Das sei „unkontrollierte Masseneinwanderung, importierter Gewalt- und Bandenkriminalität“, darunter macht es einer wie Claudio Schmid, Kantonsrat SVP nicht. Was er mitteilt, hat er nicht geschrieben: Türken raus. Doch Tweets sind wie Vögel, die nicht mehr eingefangen werden können.
Untersuchung: Die Staatsanwaltschaft Zürich eröffnet eine Strafuntersuchung und kommt zum Schluss: Schuldig der Wiederhandlung gegen die Rassismus-Strafnorm.
Urteil: Die Einzelrichterin spricht Schmid frei. (Das Urteil ist nicht rechtskräftig.)
Das Strafgericht spricht Volksaktion-Grossrat Eric Weber schuldig der mehrfachen Rassendiskriminierung, der üblen Nachrede und der Beleidigung. Das Gericht begnügt sich - trotz mehreren einschägigen Vorstrafen - mit einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen à 25 Franken. Dazu kommen Genugtuungszahlungen an drei Frauen zwischen 1300 und 2000 Franken plus deren Anwaltskosten und Verfahrensgebühren. Da läppert sich etwas zusammen, doch wird Weber diese Beträge kaum aufbringen können. Der Staatsanwalt hatte eine unbedingte Freiheitsstrafe von fast fünf Monaten gefordert. Weber hatte Es die grüne Basler Nationalrätin Sibel Arslan belästigt und beleidigt, ebenso zwei inks-grüne Basler Grossrätinnen. Sie waren vom Angeklagten in auf dem Social Media-Kanal Tiktok veröffentlichten Videos einem "sexistischen Bashing der niedrigsten Sorte" ausgesetzt worden, wie sich der Einzelrichter ausdrückte. (Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.)
Die Partei National Orientierter Schweizer PNOS teilt ihren Mitglieder und Sympathisanten mit, dass die Partei sich auflöse. Als Gründe nennt das Schreiben die Pandemie und veraltete (morsche) Strukturen. Es soll aber bereits ein neues Projekt vorangetrieben werden. Konkrete Angaben macht der Brief jedoch keine.